Projekt SchukoV2024

Nachhaltige Verankerung von institutionellen Schutzkonzepten zur Prävention (sexualisierter) Gewalt in pädagogischen Kontexten

Sexualisierte Gewalt ist ein Thema, das trotz derzeitiger Aufmerksamkeit durch die Medien, gerade auch in pädagogischen Einrichtungen noch sehr tabuisiert wird (Pöter&Wazlawik 2018; Wolff 2018) und oft trotz vorhandener Schutzkonzepte im pädagogischen Alltag für die Adressat:innen, Fach- und Leitungskräfte langfristig keine konkrete Rolle spielt. Denn es werden oft nicht alle Beteiligten gleichermaßen betrachtet und wichtige Akteur:innen, wie Angehörige, gesetzliche Betreuende und Adressat:innen bleiben in der Umsetzung präventiver Maßnahmen vernachlässigt.

Vielfach existieren unterschiedliche Stränge und Ebenen der Prävention, wie Personalschulungen, der Aufbau eines Beschwerdemanagements, etc. Etwas diffiziler gestaltet sich nach einer Implementierung der präventiven Maßnahmen, diese in der Einrichtung an bestehende Bedarfe auszurichten, in den Berufsalltag zu integrieren und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Vielfach mangelt es an geeigneten Materialien für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen und einer entsprechenden Haltung zu Sexualität, Selbstbestimmung und grenzachtendem Verhalten. Zudem ist aus dem Bundesmodellprojekt BeSt bekannt, dass der Wechsel von Fach- und Führungskräften einen Einfluss auf die nachhaltige Nutzung hat (Helfferich et al. 2020).

Vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gefördert, fokussiert sich die DHBW Villingen-Schwenningen unter der Leitung von Profin. Dr. Anja Teubert  bis 2024 gemeinsam mit den Dualen Partnerinnen Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn und Johannes-Diakonie Mosbach auf Einrichtungen mit einer breiten Angebotspalette für Kinder, Jugendliche, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen. Ziel ist es, Bedingungsfaktoren für eine nachhaltige Verankerung von Schutzkonzepten in Einrichtungen zu untersuchen und nachfolgend, u.a. in Form von Schulungen, Workshops oder Überarbeitungen der Schutzkonzepte, umzusetzen.

Weiterführende Links und Informationen zur Thematik finden Sie unter:

Kinderschutz Kommission
Sexueller Missbrauch von Kindern (Lanzarote Konvention)
UN-Kinderrechtskonvention
UN-Behindertenrechtskonvention
Gewalt gegen Frauen
Europäische Aktionen zum Schutz von vulnerablen Gruppen
Internetsicherheit
mediatisierte sexualisierte Gewalt
Initiative BundKinderschutzkonzepte Expertisen
Unabhängige Beauftragte zu Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs
Instrument zur Überprüfung, auf welchem Weg Sie sich mit ihrer Schutzkonzeptimplementierung befinden
Material und Handreichung zur Implementierung von Schutzkonzepten in Einrichtungen für Kinder mit Behinderungen
Materialien der Lebenshilfe
Präventionsmaterial für Menschen mit Behinderungen
Kirchenrecht (evangelische Kirche)
Kirchenrecht Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart
Adressen von Fachberatungsstellen in Baden-Württemberg

Abschlusssymposium 2024

Am 19. Juli 2024 fand an der DHBW Stuttgart das Abschlusssymposium des dreijährigen Forschungsprojekts „zur nachhaltigen Verankerung von Schutzkonzepten gegen (sexualisierte) Gewalt in pädagogischen Kontexten“ (SchukoV2024) statt. Die Landesbehindertenbeauftragte Simone Fischer und Prof. Dr. Beate Sieger-Hanus, Rektorin der DHBW Stuttgart, hielten Grußworte zur Eröffnung der Veranstaltung. Moderiert wurde der Tag von Prof’in. Dr. Melanie Werner (DHBW Stuttgart) und Melanie Pribil (Landeskoordinierungsstelle spezialisierter Fachberatungsstellen bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend).

In Kooperation mit der Johannes-Diakonie und der Stiftung St. Franziskus konnten wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse zum Gewaltschutz gewonnen werden. Dank der Unterstützung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg wurde wertvolles Wissen darüber erlangt, wie der Gewaltschutz nachhaltig in den Einrichtungen verankert werden kann.

Prof‘in. Dr. Anja Teubert, Projektleitung von SchukoV2024 und seit über 20 Jahren Expertin für sexualisierte Gewalt sowie Mitglied im Nationalen Rat der Unabhängigen Beauftragten für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), eröffnete die Veranstaltung mit einem eindrucksvollen Vortrag. Sie beleuchtete die besonderen Herausforderungen im institutionellen Gewaltschutz für Menschen in Eingliederungs- und Jugendhilfeeinrichtungen. Prof. Teubert wies darauf hin, dass insbesondere die sexualisierte Gewalt oft ein Tabuthema sei, bei dem viele Menschen ihre eigenen Wahrnehmungen und Gefühle in Frage stellen. Sie betonte die Bedeutung, sich mit Schuld- und Schamgefühlen auseinanderzusetzen und erklärte: „Wir empfinden Scham, wenn wir Gewalt erleben oder beobachten und nicht eingreifen oder wenn wir eine Kollegin oder einen Kollegen auf grenzüberschreitendes Verhalten ansprechen. Es besteht stets die Sorge, etwas missverstanden zu haben und fälschlicherweise zu beschuldigen.“ Daher sei es besonders wichtig, als Gesellschaft offener zuzuhören, hinzusehen und über Erfahrungen mit Gewalt zu sprechen. Prof. Teubert und ihr Team haben sich selbst während des Projekts intensiv mit der Dynamik von Gewalt und Grenzverletzungen auseinandergesetzt und wichtige Erkenntnisse in ihre Forschung einfließen lassen.

Im Anschluss präsentierte Julia Huber stellvertretend für das Projektteam von Prof‘in. Dr. Anja Teubert zentrale Forschungsergebnisse. Sie hob die wesentliche Rolle von Gewaltschutzbeauftragten und Führungskräften hervor und erläuterte, wie diese Akteur*innen innerhalb ihrer Organisationen agieren müssen, um den Gewaltschutz nachhaltig zu verankern. Julia Huber wies auch auf regionale und rechtliche Anforderungen hin, wie die Notwendigkeit von Fachberatungsstellen für Menschen mit Behinderungen, regionale Schutzkonzepte sowie das Bewusstsein für Risikofaktoren und Machtsensibilität zwischen Leistungserbringern und -trägern.

Milena Buhl und der Co-Forschende Michael Gänßmantel stellten aus ihrer Forschung ein neu entwickeltes Risikoanalysetool vor, das in einer partizipationsorientierten Zusammenarbeit speziell für Wohneinrichtungen von Menschen mit komplexen Behinderungen konzipiert wurde. Dieses Tool identifiziert spezifische Risiken und liefert wertvolle Erkenntnisse zur Verbesserung der Gewaltschutzmaßnahmen aus der Perspektive der Betroffenen. Die enge Zusammenarbeit mit Expert

in eigener Sache ermöglichte tiefere Einblicke in die Lebenswelten von Menschen mit Behinderungen und trug zur Entwicklung eines praxisnahen Instruments für die Gewaltschutzarbeit in Wohngruppen bei.

Simone Fader von der Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn und Meike Salerno von der Johannes-Diakonie Mosbach berichteten aus ihrer Praxis als Gewaltschutzbeauftragte. Sie schilderten die Herausforderungen und Erfolge bei der Umsetzung von Gewaltschutzmaßnahmen. Besonders wichtig sei aus ihrer Perspektive der persönliche Kontakt zu den Nutzer:innen und zu den Teams vor Ort sowie ein Netz aus Multiplikator:innen.

Nach einer anregenden Diskussion im Format Fishbowl, mit den Gästen Matthias Nietsch, ehemaliger Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Prävention bei Kindesmisshandlung, -Vernachlässigung und sexualisierter Gewalt e.V. und Mitglied des AUAO (Ausschuss für unabhängige Aufarbeitung in Ordensgemeinschaften und Karl Haucke, Mitglied des Betroffenenrats bei der UBSKM sowie des Aktionsbündnisses der Betroffeneninitiative in Deutschland, fanden am Nachmittag Workshops statt. In diesen hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, sich intensiv mit den verschiedenen Akteursgruppen im Gewaltschutz auseinanderzusetzen und ein Zukunftsbild für einen nachhaltigen Gewaltschutz bis 2030 zu entwerfen.

Die hier gewonnenen Bilder für den zukünftigen Gewaltschutz aus der Perspektive unterschiedlicher Akteur:innen machen deutlich, dass jeder und jede einen Beitrag leisten kann.

Projekte

SchukoV2024

Unsere Partner:innen

Die Stiftung St. Franziskus bietet an über 30 Standorten in Süddeutschland Perspektiven für das Leben von Kindern und Jugendlichen, älteren pflege-bedürftigen Menschen sowie für Menschen mit Behinderung.

 

Die Johannes-Diakonie ist ein soziales Dienstleistungsunternehmen mit Angeboten in der Behindertenhilfe, in Gesundheit und Medizin, in Bildung und Ausbildung sowie in der Jugend- und Altenhilfe.

Das Forschungsprojekt SchukoV2024 wird vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg im Rahmen der Landesforschungsförderlinie für die Duale Hochschule Baden-Württemberg 2020 („DHBW-FFL 2020“) gefördert. 

Wir bedanken uns herzlich bei BEHIVE für die gute Zusammenarbeit und die fachliche Unterstützung beim Aufbau der digitalen Präsenz. Dieser Dank richtet sich auch an das Corporate IT Service Center (CIS) der Dualen Hochschule Baden-Württemberg für den technischen Support.

Aktuelles

Termine

Übersicht aller Veranstaltungen, Termine und Aktivitäten:

10.07.2023
Durchführung der Maßnahme Intervention professionalisieren mit Leitungskräften aus dem Bereich der Eingliederungshilfe der Stiftung St. Franziskus und der Johannes-Diakonie (nicht öffentliche Veranstaltung)

26.06.2023
Reflexionstreffen mit Mitgliedern beider Steuerungsgruppen (nicht öffentliche Veranstaltung)

20.06.2023
Durchführung der Maßnahme team- und fallbezogene Reflexion (TeFa) in der Stiftung St. Franziskus (nicht öffentliche Veranstaltung)

19.06.2023
Schutzkonzepte – und was hat das jetzt mit mir zu tun? Online-Veranstaltung für alle Interessierten beider Einrichtungen 

17.01.2023
Durchführung der Maßnahme team- und fallbezogene Reflexion (TeFa) in der Johannes-Diakonie Mosbach, BBW Mosbach-Heidelberg (nicht öffentliche Veranstaltung)

05.12.2022
Erarbeitung der Maßnahme team- und fallbezogene Reflexion (TeFa) Johannes-Diakonie, fideljo (nicht öffentliche Veranstaltung)

28.11.2022
Vorbesprechung der Maßnahme team- und fallbezogene Reflexion (TeFa) Johannes-Diakonie, online (nicht öffentliche Veranstaltung)

15.11.2022
Austausch zu den Risikoanalysen aus der Johannes-Diakonie und der Stiftung St. Franziskus, DHBW Stuttgart (nicht öffentliche Veranstaltung)

26.10.2022
Teilnahme am Treffen der Kommission Stiftungskompass, Stiftung St. Franziskus (nicht öffentliche Veranstaltung)

11.10.2022
Vorbesprechung Visionsentwicklung Johannes-Diakonie (nicht öffentliche Veranstaltung)

18.07.2022
Reflexionstreffen mit Mitgliedern der Steuerungsgruppe aus der Johannes-Diakonie (nicht öffentliche Veranstaltung)

20.06.2022
Reflexionstreffen mit Mitgliedern der Steuerungsgruppe aus der Stiftung St. Franziskus  (nicht öffentliche Veranstaltung)

03.11.2021
Auftaktveranstaltung mit allen Beteiligten (nicht öffentliche Veranstaltung)

Meilensteine im Projekt

1

Projektstart und Schaffen einer Basis für die Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten

01.09.2021

2

Erstellen eines Bilds über das Untersuchungsfeld und erste Ergebnisse im Hinblick auf den Schutz vor sexualisierter Gewalt in den Dualen Partnereinrichtungen

31.12.2021

3

Durchführung und Auswertung qualitativer Interviews mit Leitungskräften beider Dualer Partnereinrichtungen

01.02.2022

4

Erstellung von Maßnahmeplänen und des Prozessdokumentationsleitfadens

01.06.2022

5

Ein- und Durchführung der Maßnahmen bei den Dualen Partnereinrichtungen

01.09.2022

6

Durchführung von Schulungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, deren Angehörigen sowie Fachkräften

01.09.2022

7

Erstellung eines Zwischenberichts erster Ergebnisse

31.01.2023

8

Reflexionsworkshop mit den beiden Steuerungsgruppen

01.08.2023

9

Durchführung und Auswertung von Fokusgruppeninterviews

01.09.2023

10

Auswertung der Prozessdokumentationen und Workshops

01.09.2023

11

Erstellung eines Abschlussberichts und Durchführung eines Fachsymposiums

01.08.2024

Werden Sie aktiv!

Der interne Bereich steht den Mitarbeitenden der Johannes-Diakonie und der Stiftung St. Franziskus zur Verfügung. Wir verfolgen mit diesem digitalen Raum das Ziel, den praktischen Austausch zur Thematik anzustoßen und stellen Ihnen darüber hinaus Literatur und Materialien zur Verfügung.