Der Dirt Torpedo der DHBW Mosbach geht auf die Zielgerade

In wenigen Wochen muss sich in Kalifornien die Mosbacher Tunnelbohrmaschine der DHBW beweisen. Im Interview berichten Beteiligte, dass für solch ein Projekt mehr als nur Tüfteln erforderlich ist.

Es geht es auf die Zielgerade: Bald will ein Studenten-Team der DHBW Mosbach in der kalifornischen Mojave-Wüste mit dem „Dirt Torpedo“ die schnellste Tunnelbohrmaschine der Welt präsentieren und den Wettbewerb „Not-a-Boring Competition“ von Tech-Multimilliardär Elon Musk gewinnen. Im Interview erzählen Teamchef Adrian Fleck, Gerhard Lauth als Geschäftsführer der Stiftung Pro DHBW e.V. sowie Technik-Prodekan Professor Michael Schrodt, wie unterschiedlich ein solches Großprojekt die vielen Beteiligten bewegt.

Herr Fleck, vor einem Jahr wussten Sie sicher kaum etwas über Tunnelbau. Jetzt präsentieren Sie bald den Dirt Torpedo in Kalifornien. Wie sehr hat sich Ihr Maschinenbau-Studium durch dieses zeitintensive Vorhaben verändert?

Ich bin im Bereich Maschinenbau auf Virtual Engineering spezialisiert, wo es unter anderem um effiziente Simulationswerkzeuge geht. Da hatte ich eher mit Informatik – zuletzt bei meinem Unternehmen FFT Produktionssysteme mit Künstlicher Intelligenz – zu tun. Jetzt ist es mehr klassischer Maschinenbau, und ich bin als Teamleiter viel administrativ tätig. Vor einem Jahr wusste ich wenig über Tunnelbohrmaschinen –und jetzt eigentlich noch viel weniger, weil ich erstmal den ganzen Kosmos an Fragen, Details und Herausforderungen kennengelernt habe, der damit verbunden ist.

Profitieren Sie bei der Arbeit am Dirt Torpedo von Ihrem Studium?

Absolut. Das Projekt wäre ohne dieses Studium nicht möglich gewesen. Der Rahmen einer Dualen Hochschule ist durch die hohe Praxisbezogenheit ideal. Unsere Professoren haben fast alle schon mal in der Industrie gearbeitet und wissen, welcher Wind dort weht. Wir haben an der DHBW die nötigen Freiräume bekommen, hatten gleich die richtigen Programme und wissen, welche Professoren wir für welche Probleme ansprechen können. Das sind ideale Voraussetzungen.

In wenigen Wochen gilt es, dann gräbt sich der Dirt Torpedo in den USA unter die Erde. Wo hakt es noch, und wo ist Ihre Tunnelbohrmaschine schon richtig gut?

Die Elektrik ist eine echte Herausforderung. Das liegt auch an Corona: Materialengpässe und lange Lieferzeiten beschäftigen unser kleines Team genauso wie die Großen der Branche. Gerade kommen hinter mir wieder Pakete an, ich hoffe, da sind dringend benötigte Komponenten dabei. Was die Maschine schon sehr gut kann, ist schön aussehen (lacht). Im Ernst: Die Erfahrungen aus dem Virtual Engineering-Studium kommen mir hier zugute. In den Simulationen läuft der Dirt Torpedo schon sehr gut.

Herr Lauth, als Geschäftsführer der Stiftung Pro DHBW Mosbach e.V. haben Sie für dieses Projekt mehr als 40 Unterstützer und Sponsoren gewonnen und mehr als 250.000 € an Geld- und Sachspenden organisiert. Das macht man nicht mal eben an drei Nachmittagen ...

… richtig, das ist derzeit ein veritabler Halbtagsjob. Aber mir und der Stiftung liegt natürlich sehr daran, dass die DHBW überregional zeigen kann, wie exzellent die Ausbildung hier ist. Und da ist der Dirt Torpedo das Vorzeigeprojekt schlechthin. Außerdem ist es interessant und macht richtig Spaß, mit dem Team zu arbeiten.

Hat sich der Aufwand gelohnt – sind Sie zufrieden mit den, was am Ende herauskommen wird?

Mehr als das. Wir haben ja mit einer einfachen Mailingaktion angefangen, und da war die Resonanz schon sensationell. Von kleinen Betrieben bis zu den „Big Playern“ waren viele elektrisiert. Die Unterstützung ist phänomenal. Die DHBW hat durch dieses Projekt noch mehr an Reputation gewonnen, das strahlt überregional aus.

Besorgt man in ihrer Rolle als Vertreter der Stiftung nur das Geld, oder begleitet man auch den Entwicklungsprozess solch einer Innovation?

Wir haben zwar mit dem Fundraising begonnen, aber ich bin jetzt täglich mit dabei. Es geht um viel mehr als nur Geld: Ich kläre auch rechtliche Fragen und versuche gerade, den Versand des Geräts in die USA und die Reise des Teams dorthin zu organisieren. Das ist aufgrund der immer noch bestehenden Einschränkungen eine richtig knifflige Aufgabe. Aber die lösen wir auch. Wir halten dem Team den Rücken frei.

Herr Schrodt, die DHBW ist keine klassische Forschungsinstitution wie etwa eine Universität. In dem Dirt Torpedo-Projekt geht es aber explizit um Forschung und Entwicklung gemeinsam mit Unternehmen.

Genau, und mit diesem Projekt können wir natürlich allen Hochschulpartnern sehr anschaulich zeigen, dass – und wie – die DHBW auch forschen kann. Für uns ist es ein Glücksfall, dass Adrian Fleck und sein Team das Vorhaben so zielstrebig so weit getrieben haben.

Wie bindet denn die DHBW Punkte wie Forschung, Entwicklung, Innovation in das klassische duale Studium ein?

Indem wir nachdrücklich darauf achten, dass das vermittelte Wissen immer wieder in konkreten Industrievorhaben angewendet wird – zum Beispiel in größeren einjährigen Studienarbeiten. Es gibt immer wieder ganz lebensnahe Projekte, zum Beispiel aktuell mit der Gerichtsmedizin oder mit technischem Hintergrund. Das ist ja unser großer Vorteil: Weil wir unsere dualen Partner haben, sind die Praxis und die damit verbundenen Herausforderungen – auch in Forschung und Entwicklung – ganz nah am Studium dran.

Wie können mit der DHBW kooperierende Unternehmen in ihrer Forschung und Entwicklung noch mehr vom Engagement und den Ideen der Studierenden profitieren?

Ein Beispiel: Wir hatten jetzt Studierende, die sich in ihrer Firma in Themenfelder eingearbeitet haben, in denen das Unternehmen selbst Bedarfe sah, aber noch kein eigenes Know-how hatte. Durch die gezielte Ausbildung in diesen Feldern konnten wir die Lücke auf beiden Seiten schließen. Das ging so weit, dass die Firmen dann bei sich Innovationen eingeführt haben, die zusammen mit uns in der Lehre entwickelt wurden – eine klassische Win-Win-Situation.

 

Über das Projekt

Seit mehreren Monaten bilden zehn studentische Mitglieder aus vier Studiengängen und ein Mosbacher Professor ein Team. Sie kommen aus den beiden DHBW-Standorten Mosbach und Ravensburg sowie von der TU Darmstadt. Unterstützt werden sie durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, der DHBW Mosbach, der Wirtschaftsregion Fulda und der Stiftung Pro DHBW Mosbach, die für die Finanzen und die Administration zuständig ist. Zahlreiche lokale, regionale und internationale Unternehmen konnten als Sponsoren gewonnen werden. Sie fördern das Projekt mit mehr als 250.000 Euro in Form von Geldmitteln, Sachspenden und Know-how.

Bei der Not-a-boring Competition bohren im September 2021 zwölf Teams – von Elon Musk das „Digging Dozen“ genannt – in der Mojave-Wüste einen Miniatur-Tunnel. Dieser wird 30 Meter lang sein und einen Durchmesser von einem halben Meter haben. Bewertet werden dabei in drei Punkte: Wie schnell ist der Tunnel gebohrt? Wie schnell und gut werden Tunnelwand und Fahrbahn ausgekleidet? Wie genau trifft das Ende des Tunnels den zuvor anvisierten Endpunkt? Am Ende soll dann idealerweise ein Mini-Tesla durch den Tunnel fahren können.

Mehr Infos: www.dirt-torpedo.de