Cluster "Rückbau": DHBW ist Gründungsmitglied

Rund ein Drittel der derzeit 145 aktiven Kernkraftwerke in Europa erreicht im Jahre 2025 ihr reguläres Laufzeitende. Der sichere Rückbau und die sichere Entsorgung stellen große Herausforderungen an Industrie, Wissenschaft und Gesellschaft dar. Hier gilt es, in Deutschland und Europa eine Kompetenz für den Rückbau kerntechnischer Anlagen aufzubauen und Fachkräfte für dieses Arbeitsfeld aus- und weiterzubilden. Zu diesem Ziel haben sich nun fünf führende Institute zum Cluster „Rückbau kerntechnischer Anlagen“ zusammengeschlossen.

„Mit dem Abschalten von Kernkraftwerken fängt die Arbeit erst an. Die Verantwortlichen in Industrie, Politik und Öffentlichkeit finden für diese Aufgabe nun dank des Clusters zentral die passenden wissenschaftlichen Ansprechpartner“, freut sich Prof. Oliver Kraft, Vizepräsident für Forschung am KIT. „Außerdem bilden wir hier dauerhaft die Ingenieure aus, die wir für den sicheren Rückbau noch viele Jahre brauchen werden.“

„In Baden-Württemberg sind es neben Akteuren aus der Wirtschaft gerade auch die Hochschulen, die einschlägiges Knowhow für den sicheren Rückbau kerntechnischer Anlagen besitzen und entwickeln. Mit dem Cluster wird bestehende Expertise gebündelt, Kompetenzen ergänzt und für die Anwendung am konkreten Rückbau von Anlagen nutzbar gemacht,“ sagt Ministerialdirektorin Simone Schwanitz, Amtschefin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg während der Kick-off-Veranstaltung.

„Der komplette Rückbau kerntechnischer Anlagen stellt für alle Betreiber und Behörden ein überaus komplexes Problem mit unzähligen Randbedingungen und Variablen dar“, erklärt Dr. Thomas Walter Tromm vom KIT, Programmsprecher Nukleare Entsorgung, Sicherheit und Strahlenforschung. „Das Thema Rückbau kerntechnischer Anlagen umfasst eine Vielzahl von Aspekten, zu denen wir nun die führenden Kompetenzträger im Cluster versammelt haben.“

Das Clusters „Rückbau kerntechnischer Anlagen“ wird Rückbaustrategien vor dem Hintergrund der gesetzlich vorgeschriebenen Rahmenbedingungen und auf wissenschaftlicher Grundlage entwickeln. Dazu gehört es etwa auch, das Rückbaumanagement und die an-zuwendenden Rückbautechnologien zu optimieren. Dekontaminations- und Konditionierungstechnologien sowie Schutzmaßnahmen für Beschäftigte, Bevölkerung und Natur vor radiologischen Expositionen werden weiterentwickelt. Nicht zuletzt soll auch die angemessene Beteiligung und Information der Öffentlichkeit in das Rückbaumanagement eingebunden werden. 

Als informeller Arbeitskreis wollen die Partner des Clusters ihre Aktivitäten in Forschung, Lehre und Ausbildung abstimmen und bündeln, Kooperationen mit Behörden, Industrie und Wissenschaft stärken, Kompetenzerhalt unterstützen, berufsständige Entwicklungen begleiten sowie in internationalen Gremien zu Rückbaustandards mitwirken. In der Außendarstellung, etwa gegenüber Industrie und Studierenden, auf Messen und in Fachzeitschriften, will man partnerschaftlich auftreten. 

Gründungsmitglieder des Clusters sind das Karlsruher Institut für Technologie, die Duale Hochschule Baden-Württemberg mit dem Standort Karlsruhe, die Universität Stuttgart mit dem Institut für Kern- und Energietechnik und der Materialprüfungsanstalt Stuttgart, das Paul Scherrer Institut in der Schweiz sowie das Institut für Transurane (Karlsruhe) und das Institute for Reference Materials and Measurements (Belgien) der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission.

Mehr Informationen zu den Partnern des Clusters: 

Bereits seit 2008 forschen und lehren Wissenschaftler des KIT zum Rückbau kerntechnischer Anlagen. Sie entwickeln Technologien zur Dekontamination sowie zum Freimessen von Oberflächen. Verfahren zum Trennen massiver Stahlbetonbauteile werden auf ihre Anwendbarkeit in kerntechnischen Anlagen untersucht. Im Bereich der Optimierung des Managements liegt der Fokus auf den betriebsinternen Abläufen, wie etwa der Genehmigungsplanung und der Optimierung des Projektmanagements. Einige innovative Neuentwicklungen im Bereich der Verfahren und Techniken führten bereits zu erfolgreichen Praxisanwendungen.

Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) bietet den Bachelor-Studiengang Sicherheitswesen und den Studienrichtungen Strahlenschutz, Arbeitssicherheit und Umwelttechnik an. Das naturwissenschaftlich-technische Studium hat die Qualifikation zum Strahlenschutz- oder Sicherheitsingenieur zum Ziel. Neben Zusatzqualifikationen wie Strahlenschutzbeauftragter oder Fachkraft für Arbeitssicherheit wird ein Vertiefungsstudium „Rückbau und Entsorgung“ mit studienintegrierten Praxisphasen in DHBW Partnerunternehmen angeboten, welche bereits im Rückbau kerntechnischer Anlagen tätig sind. „Die DHBW Karlsruhe bildet zusammen mit ihren Dualen Partnern im Studiengang Sicherheitswesen mit den Studienrichtungen Strahlenschutz, Arbeitssicherheit und Umwelttechnik hochqualifizierte Strahlenschutz-, Sicherheits- und Umweltingenieure aus, die einen wichtigen Beitrag beim Rückbau kerntechnischer Anlagen und im gleichnamigen Kompetenz-Cluster leisten werden“, so Prof. Dr. Jürgen Erb, Studiengangsleiter Sicherheitswesen.

Die Forscher des Joint Research Centre - Institut für Transurane (JRC-ITU) der Europäischen Kommission entwickeln und betreiben eine breite Palette modernster wissenschaftlicher Messmethoden und Einrichtungen für den Schutz des europäischen Bürgers vor den mit der Handhabung und Lagerung hochradioaktiver Materialien verbundenen Gefahren.